Diesel-Skandal: VW muss Auto nach Urteil zu Kredit-Widerruf zurücknehmen

Spektakuläres Urteil für Autobesitzer, die ihr Fahrzeug auf Kredit gekauft haben: Erstmals hat mit dem Landgericht Arnsberg ein deutsches Gericht ein Kfz-Darlehen für widerrufbar eingestuft (Az. I-2 O 45/17). Der Käufer kann daraufhin seinen VW Diesel zurückgeben. Zudem schuldet er nach dem Widerruf der Bank keine Zinsen und Tilgungszahlungen mehr. Ähnliche Urteile dürften folgen.

Das Gericht bestätigte somit die Analysen der Interessengemeinschaft Widerruf, denen zufolge die Mehrheit der deutschen Autokredite fehlerhaft sind und aus diesem Grund noch Jahre nach Abschluss widerrufen werden können. Grund sind formale Fehler in den Darlehensverträgen, die dafür sorgen, dass die normale Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen beginnt. So fehlen beispielsweise in den Finanzierungen der VW Bank häufig vollständige Angaben zur Aufsichtsbehörde und zum Vorgehen bei Kündigung. Dieser sogenannte Widerrufsjoker hat in der Vergangenheit bereits dazu geführt, dass viele Tausend Verbraucher ihre Baufinanzierung widerrufen haben.

Besonders brisant ist das neue Urteil vor dem Hintergrund des Diesel-Skandals: Denn die von den Herstellern manipulierten Fahrzeuge haben massiv an Wert verloren. So liegen die Restwerte für Diesel in vielen Fällen bis zu einem Drittel unter Vergleichswerten vor der Abgas-Affäre. Die Kunden bleiben auf diesen Verlusten im Normalfall sitzen, da Hersteller wie Volkswagen außer einem fragwürdigen Software-Update keinerlei Wiedergutmachung bieten.

Das kann sich jedoch ändern, wenn der Kunde das Fahrzeug auf Kredit gekauft oder geleast hat. Denn über den Widerruf des Kredits bietet sich dem Kunden die Möglichkeit, auch den Kauf des Autos zu stornieren. Kredit und Autokauf gelten als sogenannte verbundene Geschäfte – wird eines von beiden rückabgewickelt, so ist auch der andere Teil des Geschäfts betroffen. Zwar wurde der Besitzer des Autos im Arnsberger Fall zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den Gebrauch des Fahrzeugs verurteilt – diese Zahlung sind aber in der Regel deutlich geringer als der Wertverlust des Fahrzeugs.

Grundsätzlich ist der Widerruf eines Kredits nicht auf Diesel-Fahrzeuge oder auf Autos des Volkswagen-Konzerns begrenzt. Auch ist es egal, ob mit der Finanzierung ein Neuwagen oder ein gebrauchtes Fahrzeug erworben wurde. Entscheidend ist lediglich, dass ein fehlerhafter Kredit- oder Leasingvertrag verwendet wurde, um das Auto zu erwerben.

Der Richterspruch aus Arnsberg ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl Volkswagen als auch der Kläger können noch in die Berufung gehen. Letzterer vor allem deswegen, weil seine Anwälte die Nutzungsentschädigung für nicht gerechtfertigt halten. Allerdings dürften schon bald ähnliche Urteile folgen. Für Anfang Dezember wird ein Urteil des Landgerichts Berlin erwartet, bei dem sich die zuständige Richterin bereits eindeutig zugunsten des Verbrauchers geäußert hat.

Wie sollten betroffene Verbraucher nun vorgehen? Der erste Schritt ist die Prüfung des Autokredits durch die spezialisierten Anwälte der Interessengemeinschaft Widerruf, die hier beauftragt werden kann. Dieser Service ist kostenlos und unverbindlich und begründet keinerlei Mandatierung. Ergibt die Prüfung, dass die Finanzierung angreifbar ist, kann der Kunde entscheiden, ob er gegen die Bank vorgeht.

Die Kosten eines solchen Rechtsstreits übernimmt in der Regel die Rechtsschutzversicherung. Der Clou dabei: Hat der Kunde bisher noch keinen Rechtsschutz, dann kann er eine Versicherung abschließen, bevor er den Widerruf erklärt. Denn der relevante Schadensfall entsteht erst durch den Widerruf der Kfz-Finanzierung. Somit können Verbraucher ihr Kostenrisiko steuern – sollten dieses Vorgehen aber mit ihrem Anwalt abstimmen.

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