Widerrufsjoker: OLG Hamm klärt Widerrufbarkeit von Sparkassen-Baufinanzierung

Erfolg für einen Kunden, der in 2011 eine Baufinanzierung bei einer Sparkasse abgeschlossen hat. Wie das OLG Hamm nun in der mündlichen Verhandlung festgestellt hat, ist die Nennung der Aufsichtsbehörde in dem Darlehen nicht ausreichend. Der Kredit muss rückabgewickelt werden – der Verbraucher spart dadurch viele Tausend Euro.

In dem Gerichtsverfahren (Az.: I-31 U 285/15), das ein Kooperationsanwalt der Interessengemeinschaft Widerruf geführt hat, ging es um eine Baufinanzierung der Sparkasse Paderborn Detmold aus dem Jahr 2011. Dabei hatte die Bank in der Widerrufsbelehrung die zuständige Aufsichtsbehörde als sogenannte Pflichtangabe genannt. Das ist falsch, wie wir seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem ähnlichen Fall (Az. XI ZR 434/15) wissen. Der BGH sagte damals sinngemäß: Wird die Aufsichtsbehörde als Pflichtangabe genannt, so müsse sie auch im Kreditvertrag aufgeführt sein.

Allerdings versuchten sich viele Sparkassen seitdem aus der Affäre zu ziehen, indem Sie behaupteten, sie hätten die Aufsichtsbehörde entweder im vorvertraglichen Informationsblatt ESM oder im Preis-Leistungsverzeichnis aufgeführt. Ganz drollige Banken druckten die Aufsichtsbehörde noch Jahre nach Abschluss des Kredits kommentarlos auf einen Kontoauszug und argumentierten, sie hätten damit ihre Pflicht erfüllt.

Nichts da, sagte nun das OLG Hamm. Weder die Nennung im ESM noch im Preis-/Leistungsverzeichnis ist ausreichend. Die Sparkasse müsse im eigentlichen Kreditvertrag oder in den AGBs stehen – nur dann ist die Sache korrekt.

Damit steht nun fest: Zehntausende Baufinanzierungen der Sparkassen aus dem Zeitraum Mitte 2010 bis 2011 sind fehlerhaft und können von den Kunden widerrufen werden. Betroffen sind die Kreditverträge mit dem Aufdruck: „Stand: Juni 2010“. Dieser Aufdruck findet sich links unten auf den ersten Seiten des Kreditvertrags.

Haben Sie einen solchen Kreditvertrag, so ist das für Sie ein Sechser im Lotto! Denn durch einen entsprechenden Widerruf können Sie die Zinsbelastung für ihre Hypothek deutlich reduzieren. In der Regel laufen diese Darlehen mindestens noch bis 2020 und haben einen Zinssatz von rund vier Prozent. Dieser kann im Rahmen des Widerrufs meist mehr als halbiert werden.

Entweder der Vertrag wird vorzeitig aufgelöst und Sie können bei einer anderen Bank zu den aktuellen Niedrigzinsen umschulden. Oder Sie einigen sich mit der Sparkasse auf eine Reduzierung der Zinsen unter Beibehaltung des Darlehens. In jedem Fall reden wir über Ersparnisse von durchschnittlich rund 10.000 Euro pro Kunden.

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn in der Regel wird die Bank abwinken, wenn der Kunde versucht, auf eigene Faust zu verhandeln. Ganz anders sieht es aus, wenn ein Anwalt eingeschaltet wird. Die Interessengemeinschaft Widerruf hat bereits ein etlichen Dutzend Fällen die Erfahrung gemacht, dass die Sparkassen dann einknicken – das dürfte sich nach dem Urteil des OLG Hamm noch verstärken.

Verbraucher sollten daher ihre Baufinanzierung im ersten Schritt prüfen lassen – entweder bei einem spezialisierten Anwalt oder direkt bei der Interessengemeinschaft Widerruf. Diese Prüfung ist kostenlos und unverbindlich. Im Zuge dieser Prüfung erfahren Kreditnehmer zwei Dinge: Erstens, ob der Vertrag fehlerhaft ist und damit noch widerrufen werden. Zweitens, wie die konkreten Schritte für die Umsetzung eines Widerrufs aussehen und welche Kosten damit verbunden wären. Greift dabei keine Rechtsschutzversicherung, so bietet die IG Widerruf für die genannten Fälle eine Prozessfinanzierung, bei der der Verbraucher keinerlei Kostenrisiko eingeht.

Die aktuelle Ausgangsposition eröffnet vielen Zehntausend Sparkassen-Kunden den Weg zum erfolgreichen Widerruf ihrer Baufinanzierung. Neben der erheblichen Zinsersparnis ist damit auch ein weiterer Vorteil verbunden: Verbraucher können sich durch eine Umschuldung langfristig die aktuellen Niedrigzinsen sichern und müssen daher keine Angst mehr vor einem Zinsanstieg haben.

*** UPDATE vom 29. November 2017: Zu unserer Überraschung hat das OLG Hamm die Klage in diesem Fall letztlich abgewiesen, obwohl in der mündlichen Verhandlung eindeutig zugunsten des Klägers argumentiert wurde. Allerdings wurde nicht in der Sache negativ entschieden. Die Ablehnung der Klage erfolgte lediglich aus einem formalen Grund. Aus Sicht der IG Widerruf ändert dieses Urteil nichts an der Sichtweise, dass Kreditverträge mit dem Formular “Fassung: Juni 2010” fehlerhaft sind und erfolgreich widerrufen werden können.

 

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