Widerrufsjoker: Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Anschlussfinanzierung?

Wer den Widerrufsjoker zieht und ein laufendes Darlehen widerruft, tut dies in aller Regel nicht, weil er seinen Kredit aufkündigen will und seine Bank verlassen möchte. Er tut dies im Normalfall, weil er für seinen Kredit weniger Zinsen bezahlen möchte. Unsere Erfahrung bei der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) zeigt, dass dies in vielen Fällen auch gelingt – und zwar, ohne die Bank zu wechseln. Etliche Banken machen mittlerweile vernünftige Angebote, reduzieren dabei den Zins und verlängern nicht selten bei dieser Gelegenheit gleich die Laufzeit des Kredits. Eine Umschuldung ist in diesen Fällen nicht nötig.

Konkret sehen wir, dass rund 75 Prozent aller Verbraucher, die sich mit ihrer Bank nach dem Widerruf eines Kredits einigen, das Kreditinstitut nicht verlassen, sondern zu besseren Konditionen neu abschließen. Nur für das restliche Viertel besteht also die Notwendigkeit einer Umschuldung – und das in der Regel auch erst nach wochenlangem Briefwechsel mit der Bank. Deswegen bin ich der Meinung, dass man beruhigt den Widerruf erklären und abwarten kann, wie sich die Bank verhält. Erst wenn sich andeutet, dass es zu einer Auflösung des Kredits kommt, die eine Anschlussfinanzierung bedingt, sollte man aktiv werden.

Das ist der Normalfall. Aber zumindest theoretisch beinhaltet der Widerruf eines Kredits stets auch das Risiko, dass die Bank den Widerruf akzeptiert und den Kredit fällig stellt. Ich habe in dieser Kolumne zwar schon ausgeführt, warum dies extrem unwahrscheinlich ist. Dennoch muss man sagen: ein Restrisiko besteht. Deswegen ist es gerade für vorsichtigere Naturen durchaus sinnvoll, sich schon vor dem Widerruf um einen Anschlusskredit zu kümmern. Zumal das Ganze kein Selbstläufer ist. Namhafte Kreditinstitute wie die ING Diba haben öffentlich erklärt, dass sie keine Kunden mehr finanzieren, wenn diese aus einem Widerruf kommen. Von der Deutschen Bank und der Commerzbank hören wir ähnliches. Auch einige Sparkassen und Volksbanken haben sich angeschlossen.

Dennoch müssen Sie keine Angst haben, nach einem Widerruf ohne Anschlussfinanzierung dazustehen – vorausgesetzt, Ihre Bonität ist in Ordnung. Die IG Widerruf hat gemeinsam mit Finanzierungspartnern den Markt sondiert und hat von rund zwei Dutzend Banken die Zusage, dass sie eine Umschuldung ermöglichen, auch wenn der Kunde zuvor einen Kredit widerrufen hat. Für die Region Südhessen (Postleitzahlengebiete 60-65) gibt es sogar ein besonderes Schmankerl: Hier bietet ein Kreditinstitut sogar eine Finanzierungszusage mit einer Laufzeit von sechs Monaten. Damit können Sie in aller Ruhe mit Ihrer Bank über den Widerruf ihres jetzigen Darlehens verhandeln.

Damit zeigen wir, dass niemand Angst vor einem Widerruf haben muss. Das Gerede von den „Schwarzen Listen“, demzufolge alle, die einen Kredit widerrufen, kein Anschlussdarlehen mehr bekommen, können wir hiermit widerlegen. Der Versuch der Banken, Verbraucher mit dieser Angstkampagne vor dem Widerruf abzuhalten, läuft ins Leere. Nutzen Sie beruhigt Ihr gutes Recht! Sie werden sehen, dass in vielen Fällen eine Umschuldung gar nicht nötig wird. Falls Sie aber doch zum Thema wird, stehen wir mit einem passenden Angebot bereit.

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