Widerrufsjoker: OLG Düsseldorf – Kredit kann auch vier Jahre nach Beendigung noch widerrufen werden

Auch vier Jahre nach Beendigung eines Darlehens hat ein Verbraucher sein Recht auf Widerruf des Kredits nicht verwirkt, wenn er fehlerhaft über sein Widerrufsrecht belehrt wurde („Widerrufsjoker“). Das sagt das OLG Düsseldorf in einem aktuellen Verfahren. Eine wegweisende Entscheidung, die bei Baufinanzierung viel Geld wert sein kann.

Eine der großen, ungeklärten Fragen rund um den Widerrufsjoker, den Widerruf von Baufinanzierungen, lautet: Kann ein Verbraucher einen Kredit auch dann noch wirksam widerrufen, wenn das Darlehen gar nicht mehr läuft? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich hier mehrfach vor einer klaren Antwort gedrückt und verweist stets darauf, dass es auf die Einzelheiten des jeweiligen Falls ankommt.

Die Rechtsprechung der unteren Instanzen ist uneinheitlich. Einige Gerichte sprechen schon dann von Verwirkung, wenn der Kredit erst wenige Tage nach Beendigung widerrufen wurde oder wenn er vor Widerruf verlängert (prolongiert) wurde. In solchen Fall wird die Klage des Kunden abgewiesen.

Andere Gerichte sind da wesentlich großzügiger. So hat das OLG Düsseldorf nun in einem Fall der Interessengemeinschaft Widerruf (Az. 16 U 175/17) entschieden, dass das Widerrufsrecht auch vier Jahre nach Beendigung des Darlehens noch wirksam ausgeübt werden kann und die Baufinanzierung rückabgewickelt werden muss.

Im vorliegenden Fall hatte der Kunde eine Baufinanzierung bei einer Sparkasse im Jahr 2012 durch Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig beendet. 2016 widerrief er dann den Abschluss des Kredits, da er über sein Widerrufsrecht fehlerhaft belehrt worden war. Dass die in dem Kreditvertrag verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, ist unstrittig. Dies hatte bereits der BGH bei einer ähnlichen Klage festgestellt.

Die Besonderheit im vorliegenden Fall besteht also darin, dass das Gericht den Widerruf auch vier Jahre nach Beendigung des Kredits noch für rechtmäßig hält. In seinem Beschluss schreiben die Richter: „Der Ausübung des Widerrufsrechts steht die zuvor erfolgte Beendigung der Darlehensverträge durch die Ablösungsvereinbarung nicht entgegen. (…) Deshalb kann der Verbraucher seine auf Abschluss eines Verbrauchervertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, auch wenn der Vertrag vorher gekündigt wurde.“ Entsprechend empfiehlt das Gericht der Sparkasse, die Berufung gegen das bereits in erster Instanz verlorene Urteil zurückzunehmen. Das würde bedeuten, dass der Kreditnehmer durch den Widerruf seine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückbekommen würde.

Der Fall zeigt, dass der Widerrufsjoker auch dann noch greifen kann, wenn der Widerruf erst Jahre nach Beendigung des Kredits erfolgt. Leider gibt es keine klaren Kriterien, wann Verwirkung greift – und wann nicht. Unstrittig ist der Widerruf jedenfalls, wenn das Darlehen noch läuft. Insbesondere aus den Jahren 2010-2012 kennen wir viele fehlerhafte Kreditverträge, bei denen ein Widerruf eine massive Reduzierung der Zinsen bringen kann.

Private Kreditnehmer sollten daher bei der Interessengemeinschaft Widerruf kostenlos und unverbindlich durch erfahrene Anwälte prüfen lassen, wie ihr Fall einzuschätzen ist. Insbesondere dann, wenn aufgrund einer Rechtsschutzversicherung das Kostenrisiko gering ist, kann ein Widerruf auch dann erwogen werden, wenn das Darlehen nicht mehr besteht.

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