VW Diesel Skandal: Wird die Musterklage zum Rohrkrepierer?
Für den 30. September ist die erste mündliche Verhandlung in der Diesel Musterfeststellungsklage gegen VW angesetzt. Je näher dieser Termin rückt, desto klarer zeigt sich: Zahlreiche Kläger drohen, leer auszugehen. Noch gibt es die Möglichkeit, auszusteigen und Alternativen zu prüfen.
Rund 430.000 Diesel-Besitzer haben sich der Musterfeststellungsklage gegen VW angeschlossen. Sie verbindet die Hoffnung, von Volkswagen für ihre Schummel-Diesel entschädigt zu werden. Doch die jüngsten Entwicklungen weisen darauf hin, dass allzu große Hoffnungen enttäuscht werden könnten.
Denn offenbar spielt Volkswagen auf Zeit. Fachleute rechnen damit, dass es mindestens bis 2023 dauern kann, bis in dem Mammut-Verfahren ein rechtskräftiges Urteil vorliegen wird. Was nicht bedeutet, dass die Kläger dann Geld bekommen. Denn selbst, wenn in der Musterklage ein Recht auf Schadensersatz festgestellt wird, muss jeder einzelne Beteiligte seinen individuellen Anspruch noch einmal gesondert einklagen. Das ist für Diesel-Besitzer ein unbefriedigender Zustand. Die Musterfeststellungsklage erweist sich hier als untaugliches Mittel.
Volkswagen wird den Teufel tun und das Verfahren beschleunigen. Denn in der Rechtsprechung vor deutschen Gerichten sehen wir, dass individuellen Klägern zwar häufig ein Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen wird. Gleichzeitig wird aber auch entschieden, dass die Diesel-Besitzer eine Nutzungsentschädigung für den Gebrauch des Fahrzeugs zahlen müssen. Je länger das Verfahren dauert, desto höher steigt diese Nutzungsentschädigung. In vielen Fällen wird sie in den nächsten Jahren den Anspruch des Kunden auf Schadensersatz übersteigen. Dann ist Volkswagen endgültig aus dem Schneider.
Noch ein zweiter Punkt führt dazu, die Musterfeststellungsklage kritisch zu sehen. Denn sie wird am Oberlandesgericht Braunschweig entschieden, dem „Heimatgericht“ von Volkswagen. Diesel-Besitzer verlieren dort meist ihre Fälle, während sie bei anderen Gerichten häufig gewinnen. Kein Wunder: Niedersachsen ist „Volkswagen-Land“, zudem ist das Bundesland Großaktionär von VW. Unter dem Strich spricht einiges dafür, dass die Ansprüche vieler Teilnehmern an der Musterfeststellungsklage wie Sand zwischen den Fingern zerrinnen könnten.
Hier können Sie kostenlos prüfen lassen, welche Möglichkeiten es in Ihrem Fall gibt
Dabei gibt es diverse sinnvolle Alternativen für Besitzer manipulierter Diesel: Nach Schätzungen von Experten hat mehr als ein Drittel der Teilnehmer an der Musterfeststellungsklage eine Rechtsschutzversicherung. In diesen Fällen sollte auf jeden Fall eine Einzelklage erwogen werden. Dabei ist deutlich schneller mit einem Ergebnis zu rechnen, im Schnitt dauern die Verfahren rund 10 Monate. Zudem kann am Wohnsitz des Kunden geklagt werden, anstatt in Braunschweig. Das erhöht die Chancen enorm, da viele Gerichte sehr verbraucherfreundlich entscheiden.
Ohne Rechtsschutzversicherung kann es sinnvoll sein, im Rahmen einer Einzelklage mit einem Prozessfinanzierer zusammenzuarbeiten. Hier werden die Kosten des Verfahrens von einem Investor übernommen. Der Kunde zahlt nur dann ein Honorar, wenn ein Erfolg erzielt wird. Und schließlich können viele Diesel-Besitzer, die den Kauf ihres Fahrzeugs auf Kredit oder Leasing finanziert haben, den Widerruf ihres Darlehens prüfen lassen. In diesen Fällen kann vor dem Widerruf noch eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden.
Doch Betroffene müssen sich beeilen. Ein Ausstieg aus der Musterfeststellungsverfahren ist nur noch bis zum 30. September möglich. Nach dem Termin der ersten mündlichen Verhandlung sind die Teilnehmer in der Musterklage „gefangen“ – bis zu einem Urteil. Sie können dann also nicht mehr einzeln klagen. Welche Vorgehensweise die günstigste ist, sollte individuell geprüft werden. Eine solche Prüfung ist kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf möglich.