Widerrufsjoker: Banken werden beim Kredit Widerruf kompromissbereiter
Wenige Wochen sind seit dem 21. Juni 2016 vergangen. Seitdem können Kreditnehmer ihre Baufinanzierungen, die vor dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden, nicht mehr widerrufen. Hat das zu einem Strategiewechsel bei den Banken geführt? Zeit für ein Zwischenfazit aus Sicht der Interessengemeinschaft (www.widerruf.info).
Viele Immobilienbesitzer haben unseren Ratschlag befolgt und quasi auf den „letzten Drücker“, also unmittelbar vor dem 21. Juni, ihr Darlehen mit Hilfe eines Musterschreibens widerrufen. Nun trudeln langsam die Antworten der Banken ein. Nach wie vor gilt dabei: So gut wie alle Banken weisen den Widerruf des Kunden zunächst einmal zurück. Das ist auch nachvollziehbar, denn wenn der Widerruf nicht zurückgewiesen wird, müsste die Bank eine Rückabwicklung des Darlehens vornehmen. Damit müsste sie den Kunden nicht nur sofort aus dem Kredit entlassen, sondern ihm auch sämtliche Zahlungen (Zinsen, Tilgung, Sondertilgung) seit Abschluss des Darlehens verzinsen (sogenannte Nutzungsentschädigung / siehe dazu den Rückabwicklungs-Rechner der IG Widerruf).
Doch immer häufiger folgt im gleichen Atemzug mit der Ablehnung des Widerrufs ein Kompromissangebot des Kreditinstituts. Mehrere Nutzer der IG Widerruf haben uns beispielsweise davon berichtet, dass Kreditinstitute aus dem genossenschaftlichen Sektor (also Volksbanken und Raiffeisenbanken) ihnen angeboten haben, den Zinssatz für die noch ausstehende Laufzeit des Darlehens zu senken. Ein solches Vorgehen war bislang die ganz große Ausnahme, solange kein Anwalt eingeschaltet war. Nun scheint es häufiger vorzukommen.
Sollte der Kreditnehmer auf ein solches Angebot seiner Bank eingehen? Nun, das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an. Greift beispielsweise eine Rechtsschutzversicherung, dann gibt es wenig Grund, sich schon auf das erste Angebot der Bank einzulassen. In vielen Fällen kann ein Anwalt eine Nachbesserung erzielen, ohne dass dem Verbraucher Kosten entstehen. So konnten die Kooperationsanwälte der IG Widerruf (www.widerruf.info) in vergleichbaren Fällen häufig eine stärkere Absenkung des Zinses erreichen.
Alternativ ist es denkbar, dass der niedrigere Zins rückwirkend greift oder dass beispielsweise die Bank die Restschuld reduziert und damit eine „Rückabwicklung light“ vornimmt. Das bedeutet nicht, dass eine detaillierte Nutzungsentschädigung errechnet und von der Restschuld abgezogen wird, sondern dass sich die Bank bereit erklärt, die verbleibende Kreditsumme pauschal um 2.000, 5.000 oder 10.000 Euro zu reduzieren. Entsprechende Ergebnisse haben die Anwälte der IG Widerruf in der Vergangenheit außergerichtlich erreicht.
Neben der Frage, ob eine Rechtsschutzversicherung greift, sollten auch weitere Faktoren berücksichtigt werden: Beispielsweise wie stark fehlerhaft die verwendete Widerrufsbelehrung ist („falsch ist nicht gleich falsch“) und wie die Rechtsprechung am relevanten Standort ist. All dies kann man am besten in einem Gespräch mit einem Anwalt klären, beispielsweise im Rahmen der kostenlosen Prüfung der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info).
Wichtig ist dabei stets, dass Sie bereits den Widerruf gegenüber der Bank erklärt haben, wenn das Darlehen vor 11. Juni 2010 abgeschlossen wurde. Diese Darlehen können jetzt nicht mehr widerrufen werden! Hier können Sie über die Interessengemeinschaft Widerruf die kostenlose Ersteinschätzung eines erfahrenen Anwalts erhalten. Noch besser sind ihre Karten, wenn die Baufinanzierung nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen wurde. Diese Kredite sind auch weiterhin unbeschränkt widerrufbar. Sie weisen zwar keine so hohe Fehlerquote auf wie ältere Darlehen, können aber dennoch eine Reihe von Fehlern haben.
Daher sollten private Verbraucher den Widerrufsjoker nicht vorzeitig beerdigen, sondern individuell prüfen, welche Möglichkeit, Ihnen der Widerruf einer Baufinanzierung noch bieten kann.