Widerrufsjoker – hier ist die Rückabwicklung des Kredits möglich
Ein realistisches Ziel beim Widerruf eines Darlehens ist es, dass die Bank einer vorzeitigen Beendigung des Kredits zustimmt und den Kunden ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung aus dem Vertrag entlässt – oder aber den Zinssatz des laufenden Vertrags auf das aktuelle Marktniveau anpasst. Damit können Verbraucher viele Tausend Euro sparen.
Die komplette Rückabwicklung eines Darlehens, die auch eine Kompensation für die bereits vergangene Laufzeit des Kredits vorsieht, ist dagegen außergerichtlich kaum zu erreichen, schrieb ich vor einigen Wochen in dieser Kolumne. Umso überraschter war ich, als mir einer der Rechtsanwälte mitteilte, dass ein Kreditinstitut nun einen Vergleich vorgeschlagen hat, der wirtschaftlich einer Rückabwicklung nahe kommt – und zwar ohne Klage. Es handelt sich dabei um die ERGO Versicherung, die in den vergangenen Jahren auch als Kreditgeber für Baufinanzierungen aufgetreten ist. Die Versicherung schreibt mir, dass es sich dabei um Einzelfälle handelt und man jeden Fall einzeln prüfe.
Es ist zwar zu früh, ein Fazit zu ziehen. Dennoch spricht einiges dafür, dass Immobilienkäufer, die bei der ERGO finanziert haben, gute Chancen mit dem Widerruf ihres Darlehens haben, wenn es eine falsche Widerrufsbelehrung aufweist. Eine Rückabwicklung ist so etwas wie der Hauptgewinn aus Sicht des Verbrauchers: Er wird nicht nur den teuren Kredit los und kann die aktuellen Niedrigzinsen für eine Umschuldung nutzen. Er bekommt sogar noch zusätzlich eine Art „Schadenersatz“ für zuviel bezahlte Zinsen der Vergangenheit. In der Konsequenz heißt das, dass der Kreditnehmer bei einem Widerruf des Kredits in der Regel nur rund 85-90 Prozent der verbliebenen Darlehenssumme (Restschuld) an das Kreditinstitut zurückzahlen muss. Die restlichen 10-15 Prozent entsprechen der Wiedergutmachung für in der Vergangenheit zu viel bezahlte Zinsen und können vom Kunden einbehalten werden.
Ein Beispiel: Der Kunde hat im Jahr 2009 ein Darlehen über 200.000 Euro mit einem Zinssatz von fünf Prozent und zehn Jahren Zinsbindung bis 2019 abgeschlossen. Durch die Tilgung ist die Restschuld inzwischen auf 180.000 Euro gesunken. Eine Rückabwicklung des Darlehens würde in diesem Fall zwei Dinge bedeuten:
- Der Kunde kann den Kredit sofort beenden und zu einer anderen Bank wechseln. Er zahlt also künftig nicht mehr fünf Prozent Zinsen, sondern nur noch – je nach Bonität und Beleihungshöhe – zwischen 1,2 und 2 Prozent Zinsen. Das entspricht einer Ersparnis zwischen 450 und 600 Euro pro Monat, bei vier Jahren verbleibender Zinsbindung 2019 also insgesamt 22.000 und 30.000 Euro.
- Der Kunde zahlt seiner Bank aber nicht die komplette Restschuld in Höhe von 180.000 Euro zurück, sondern zieht davon den Schaden für in der Vergangenheit zu viel bezahlte Zinsen ab. In diesem Fall könnte dieser Schaden weitere 20.000 bis 25.000 Euro betragen, so dass nur noch 155.000 bis 160.000 Euro zurückzuzahlen sind.
In der Summe kann der Kunde in diesem Fall bis zu 55.000 Euro sparen, wenn es zu einer erfolgreichen Rückabwicklung des Vertrags kommt. Die genaue Berechnung des Schadens ist recht komplex und wird von den spezialisierten Rechtsanwälten in Zusammenarbeit mit einem Gutachter vorgenommen – aber die Größenordnung ist durchaus realistisch.
Aber um es klar zu sagen: Eine solche komplette Rückabwicklung eines Darlehens ist nach wie vor die große Ausnahme. Der Fall der ERGO -Versicherung zeigt zwar, dass es nicht ganz ausgeschlossen ist. Die meisten anderen Banken zeigen hier aber außergerichtlich nach wie vor die kalte Schulter. Hier muss der Kunde also bereit sein, auch zu klagen, was mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden ist.
Durchaus realistisch – auch ohne Klage – ist dagegen bei vielen Banken der sofortige Ausstieg aus dem Darlehen oder die Anpassung des Zinssatzes auf das aktuell gültige Marktniveau. Damit wäre in unserem Beispiel eine Ersparnis bis zu 30.000 Euro zu realisieren – und zwar ohne Klagerisiko. Banken, die hier kompromissbereit sind, sind unter anderem ING Diba, DSL Bank, BHW und Degussa sowie zahlreiche Volksbanken und Sparkassen. Natürlich ist auch hier eine deutlich fehlerhafte Widerrufsbelehrung Voraussetzung dafür, dass sich die Banken bewegen.
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