Widerrufsjoker: BGH-Urteil schafft Voraussetzungen für Kredit-Widerruf bei neuen Darlehen von ING Diba, Sparkasse und Münchener Hyp

Mit seinem Urteil vom 22. November 2016 öffnet der Bundesgerichtshof die Tür für den Widerruf einiger Darlehensverträge, die unter neuem Recht ab Juni 2010 abgeschlossen worden sind. Besonders gute Chancen auf den sogenannten Widerrufsjoker haben nach Untersuchung der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) unter anderem Kunden der Sparkassen, der ING Diba und Münchener Hypothekenbank, die zwischen Mitte 2010 und Mitte 2011 finanziert haben.

In dem Urteil (Az. XI ZR 434/15) ging es um die sogenannten Pflichtangaben, die das Kreditinstitut dem Kunden aushändigen muss, damit die Widerrufsfrist von 14 Tagen zu laufen beginnt. Viele Banken hatten dabei eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung in ihrer Widerrufsbelehrung aufgeführt, nämlich die Aufsichtsbehörde der Bank. Diese war zwar ursprünglich tatsächlich als Pflichtangabe vorgesehen, wurde aber kurz vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes im Juni 2010 gestrichen. Dennoch findet sich die Nennung der Aufsichtsbehörde fälschlich in den Widerrufsbelehrungen vieler Kreditverträge aus der zweiten Hälfte 2010, teilweise auch noch im Jahr 2011.

Der BGH hat nun entschieden: Die Erwähnung der Aufsichtsbehörde in der Widerrufsbelehrung ist nicht per se falsch und führt daher auch nicht automatisch zur Unwirksamkeit bzw. zur Rückabwicklung des Darlehens. Nennt die Bank allerdings die Aufsichtsbehörde (fälschlich) als Pflichtangabe, dann muss sie diese auch im Kreditvertrag aufführen. Sonst ist das Darlehen angreifbar und der Verbraucher kann den Kredit mit Hilfe des Widerrufsjokers auch Jahre nach dem Abschluss noch widerrufen.

Will man daher einen Kreditvertrag auf Widerrufbarkeit prüfen, darf man sich nach dem jüngsten Urteil des BGH nicht mehr nur auf die Untersuchung der Widerrufsbelehrung beschränken. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Kreditvertrag

  • die fehlerhafte Nennung der Aufsichtsbehörde in den Pflichtangaben der Widerrufsbelehrung beinhaltet

 

  • und die Aufsichtsbehörde im Kreditvertrag nicht nennt

Sind beide Voraussetzungen erfüllt, dann kann der Kunde seine Baufinanzierung widerrufen und hat gute Chancen auf eine Rückabwicklung, die ihm den sofortigen Ausstieg ermöglicht. Die Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) hat untersucht, bei welchen Kreditinstituten diese Voraussetzungen vorliegen. Dabei zeigt sich, dass beispielsweise die Darlehensverträge von Volks- und Raiffeisenbanken nach Juni 2010 die Aufsichtsbehörde in der Regel im Darlehensvertrag aufführen. Damit sind sie nach dem jüngsten BGH-Urteil nur noch schwer angreifbar.

Anders sieht es aus bei den Sparkassen. Dort wird die Aufsichtsbehörde im Zeitraum Juni 2010 bis Mitte 2011 (bei einigen Sparkassen auch nur bis Ende 2010) zwar fälschlich als Pflichtangabe in der Widerrufsbelehrung aufgeführt. Allerdings wird dann die Aufsichtsbehörde entweder gar nicht erwähnt oder nur im sogenannten „Europäischen Standardisierten Merkblatt“, der für unser Verständnis nicht Teil des Kreditvertrags ist. Damit sind diese Kreditverträge der Sparkassen angreifbar.

Besonders gut sind die Chancen für Kunden von ING Diba und Münchener Hypothekenbank. Beide Banken haben im zweiten Halbjahr 2010 eine völlig verquere Formulierung verwendet, die die Widerrufsbelehrung ohnehin ungültig macht. Sie sprechen nämlich bei den Pflichtangaben von der „Aufsichtsbehörde für den Kreditnehmer“. Dies ist purer Unsinn, weil es für Kreditnehmer keine Aufsichtsbehörde gibt, sondern nur für Kreditinstitute. Insofern kann diese Behörde im Kreditvertrag nicht genannt werden, weil sie gar nicht existiert.

Verbraucher, die ihren Kreditvertrag auf die genannten Fehler überprüfen lassen wollen, können dies kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info tun. Im Zuge dieser Prüfung erfahren Sie nicht nur, ob der Widerrufsjoker greift, sondern auch, welche konkreten Schritte Sie als nächstes unternehmen sollten. Dabei prüfen wir auch, ob die Kosten eines Rechtsstreits von der Rechtsschutzversicherung getragen werden oder ob eine Prozessfinanzierung in Frage kommt.

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