Diesel-Skandal: Daimler in der Defensive – immer mehr Urteile zugunsten von Verbrauchern
Daimler gerät im Diesel-Skandal immer mehr in die Defensive. Mehrere Gerichte haben die Stuttgarter verurteilt, manipulierte Diesel der Marke Mercedes Benz zurückzunehmen. Nun droht dem Unternehmen eine Klagewelle. Auch Euro 6 Fahrzeuge sind betroffen. So können Kunden profitieren.
Die ersten verbraucherfreundlichen Gerichtsurteile wurden von Daimler noch als Einzelfälle abgetan: Als das OLG Karlsruhe im Mai gleich in drei Verfahren den Besitzern von manipulierten Mercedes Benz Diesel recht gab, versuchte die Konzernzentrale in Stuttgart noch zu beruhigen.
Doch nun mehren sich die Urteile, die Diesel-Fahrern die Möglichkeit geben, ihre Fahrzeuge zu äußerst günstigen Konditionen bei Mercedes wieder auf den Hof zu stellen. Alleine in den vergangenen Tagen gab es zwei interessante Urteile: Das LG Stuttgart (Az: 23 O 220/18) verurteilte Daimler zur Rücknahme eines Mercedes Benz ML 250 Bluetec 4 Matic. Das ist ein Fahrzeug der Abgasnorm Euro 6 – also eigentlich eines der moderneren aus dem Diesel-Bereich.
Doch auch dieses Fahrzeug – ausgestattet mit dem Motor OM 651 – verfügt nach Ansicht des Gerichts gleich über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen der Abgasreinigung. Dafür spreche auch, dass das Auto von einem Rückruf des Kraftfahr-Bundesamts (KBA) betroffen ist. Spätestens nachdem der Bundesgerichtshof Anfang 2019 eine solche unerlaubte Abschalteinrichtung als „Sachmangel“ eingestuft hat, ist der Weg frei für Verbraucher zur Rückgabe solcher Autos. Alternativ können sie auch Schadensersatz von den Herstellern fordern.
So lief es auch im zweiten, aktuellen Gerichtsurteil gegen Daimler: Dort hat das Landgericht Mönchengladbach (Az.: 1 O 248/18) dem Besitzer eines Mercedes Benz C220 d T das Recht zugesprochen, sein Fahrzeug zurückzugeben. Auch er erhält seinen Kaufpreis zurück – sogar zuzüglich Zinsen. Für die gefahrenen Kilometer muss der Käufer einen moderaten Nutzungsersatz bezahlen.
Auch hier handelt es sich um einen Diesel der Euro 6 Norm mit dem Motor OM 651. Für dieses Fahrzeug gab es bisher noch keinen Rückruf des KBA. Dennoch zeigte sich das Gericht überzeugt, dass auch hier eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wurde, die den Kunden zur Rückgabe berechtigt.
Diese Beispiele zeigen: Auch zahlreiche neuere Diesel der Euro 6 Norm sind so massiv manipuliert, dass ihre Besitzer sehr gute Chancen auf die Rückgabe der Fahrzeuge haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Auto als Neuwagen oder gebraucht gekauft wurde. Voraussetzung ist jedoch, dass der bereit ist, den Rechtsweg zu gehen. Neben Daimler / Mercedes kassiert derzeit auch der VW-Konzern mit seinen Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat derzeit eine Niederlage vor Gericht nach der anderen.
Umso brisanter ist, dass VW-Chef Herbert Diess jüngst in der Talkshow „Markus Lanz“ offen zugab: „Das, was wir gemacht haben, war Betrug.“ Diese Aussage dürfte zwar seinen Hausjuristen die Haare zu Berge stehen lassen – aber sie entspricht wohl der Wahrheit. Und sie dürfte auch bei allen folgenden Verfahren die Verteidigungsstrategie von Volkswagen massiv erschweren – denn dort behauptet VW das Gegenteil.
Inzwischen können Verbraucher bei solchen Klagen auch das Kostenrisiko umgehen, wenn sie das möchten. Entweder haben sie eine Rechtsschutzversicherung, die die Kosten übernimmt. Oder sie greifen auf einen Prozessfinanzierer zurück. Dieser streckt die Kosten für Anwalt und Gericht vor – der Kunde zahlt lediglich dann ein Erfolgshonorar, wenn er den Fall gewinnt.
Besitzer eines Diesel-Fahrzeugs sollten zunächst prüfen lassen, wie ihre Chancen auf eine Rückgabe des Autos oder die Zahlung von Schadensersatz sind. Häufig lässt sich bei geschickter Verhandlung auch ein Gerichtsverfahren umgehen und ein Vergleich mit dem Hersteller erzielen. Erster Ansprechpartner für eine Prüfung der Ansprüche sollte ein spezialisierter Anwalt sein. Kostenlos und unverbindlich ist eine solche Prüfung beispielsweise bei der Interessengemeinschaft Widerruf möglich.