EuGH Urteil macht´s möglich: Vorfälligkeitsentschädigung sparen beim Immobilienverkauf

Wer eine Immobilie verkauft und dabei ein Hypothekendarlehen trotz laufender Zinsbindung frühzeitig zurückzahlt, wird von seiner Bank mit einer Vorfälligkeitsentschädigung zur Kasse gebeten. Das könnte sich nun in vielen Fällen ändern. Denn ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs bringt die Banken ins Schwitzen.

Mit einem brisanten Urteil lässt der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Bombe platzen für private Kreditnehmer, die aufgrund vorzeitiger Beendigung ihrer Baufinanzierung eine Vorfälligkeitsentschädigung an ihre Bank bezahlen sollen oder diese bereits bezahlt haben. Denn auf Basis des Urteils dürften viele Verbraucher um die Zahlung herumkommen. Mehr noch: Sie können gezahlte Entschädigungen drei Jahre rückwirkend zurückfordern.

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In seiner Entscheidung (Az. C‑33/20, C‑155/20 und C‑187/20) definiert der EuGH die Voraussetzungen, die Banken erfüllen müssen, um ihre Kreditnehmer korrekt über die Berechnung einer solchen Vorfälligkeitsentschädigung zu informieren.

Berechnung muss nachvollziehbar sein

Konkret schreiben die Richter dazu: Zwar müsse der Kreditgeber nicht die konkrete Formel der Berechnung nennen, „doch muss er die Methode zur Berechnung dieser Entschädigung in einer konkreten und für einen Durchschnittsverbraucher leicht nachvollziehbaren Weise angeben, so dass dieser die Höhe der bei vorzeitiger Rückzahlung fälligen Entschädigung anhand der im Kreditvertrag gegebenen Informationen bestimmen kann.“

Ist dies nicht der Fall, so kommt das Kreditinstitut seinen Informationsplichten nicht nach und verliert bei vorzeitiger Beendigung des Darlehens nach § 502, Abs. 2 Nr. 2 BGB den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung. Genau hier wird das Luxemburger Urteil zum Problem für viele Banken. Denn diese nennen in ihren Verträgen zumeist nur die Methode der Berechnung, nicht aber Details, die es ermöglichen, die Berechnung nachzuvollziehen.

Als Konsequenz dürften nun viele Verbraucher die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung verweigern. Experten sprechen vom sogenannten Vorfälligkeitsjoker. Auch eine Rückforderung von bereits geleisteten Zahlungen ist möglich – und zwar drei Jahre lang, ab Beginn des Kalenderjahrs. Aktuell sind somit Zahlungen betroffen, die seit Anfang 2019 geleistet worden sind. Gleiches gilt für eine Nichtabnahmeentschädigung, die dann fällig wird, wenn ein vereinbartes Darlehen gar nicht ausgezahlt wird – beispielsweise, weil ein Kauf geplatzt ist.

Fast alle großen Banken betroffen

Um von dem Urteil profitieren zu können, müssen die Immobilienkredite nach dem 20. März 2016 abgeschlossen worden sein. Betroffen sind nach unseren Analysen die meisten großen Banken, beispielsweise Sparkassen, Volksbanken, Sparda-Banken, aber auch Deutsche Bank, DSL und ING Diba.

Am eindeutigsten ist die Situation jedoch bei der Commerzbank. Hier hat bereits das OLG Frankfurt (Az.: 17 U 810/19) entschieden, dass die Informationen in vielen Kreditverträgen der Bank mangelhaft sind und eine Vorfälligkeitsentschädigung zurückgezahlt werden muss.

Auch Widerruf kann aussichtsreich sein

Bei Immobilienfinanzierungen, die vor März 2016 abgeschlossen worden sind, gilt das aktuelle EuGH-Urteil nicht. Allerdings kann dort der sogenannte Widerrufsjoker helfen. Er greift bei älteren Darlehen aus dem Zeitraum 2010 bis 2016 und zwar dann, wenn die Bank den Kunden im Kreditvertrag nicht korrekt über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Dass der Widerrufsjoker immer noch wirksam ist, zeigt ein neues – noch nicht rechtskräftiges – Urteil des LG Karlsruhe (Az. 2 O 224/20), das die IG Widerruf erstritten hat. Dabei wurde die BB Bank wegen Formfehlern zur Rückabwicklung eines Darlehens verurteilt.

Beide Vorgehensweisen – Widerrufsjoker und Vorfälligkeitsjoker – haben bei erfolgreicher Umsetzung zur Folge, dass keine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss, wenn eine Baufinanzierung vorzeitig beendet wird. Viele zehntausend Verträge dürften betroffen sein, im Schnitt liegen die Entschädigungen im fünfstelligen Euro-Bereich.

Angesichts der Summen, die im Raum stehen, rechnen wir mit Gegenwehr der Banken. Verbraucher sollten sich also anwaltliche Unterstützung sichern, wenn sie ohne Entschädigungszahlung vorzeitig aus einem Immobilienkredit aussteigen wollen. Erster Schritt sollte dabei stets die Prüfung des eigenen Vertrags sein, um festzustellen, ob dieser angreifbar ist. Eine solche Prüfung durch spezialisierte Anwälte bietet beispielsweise – kostenlos und unverbindlich – die Interessengemeinschaft Widerruf.

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