Finanzielle Erleichterung bei Corona-Problemen: Kfz-Finanzierung widerrufen
Der Corona Lockdown hat viele in eine wirtschaftliche Zwangslage gebracht. Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bringt möglicherweise Entlastung. Denn der Widerruf eines privaten Auto-Kredits oder Kfz-Leasing-Vertrags kann bares Geld bringen.
Das Herunterfahren der Wirtschaft im Zuge des Corona-Lockdowns hat vielen Deutsche einen wirtschaftlichen Engpass beschert. Einnahmen fallen weg, während die Kosten weiterlaufen. Für alle, die den Kauf ihres privaten Fahrzeugs über Kredit oder Leasing finanziert haben, kann der Widerruf dieser Kfz-Finanzierung eine echte Erleichterung bringen.
Denn der Europäische Gerichtshof hat in einem Aufsehen erregenden Urteil (Az. C-66/19) entschieden, dass eine Klausel, die sich in fast allen privaten Finanzierungen findet, nicht mit europäischem Recht vereinbar ist. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) dieses Urteil inzwischen leicht eingeschränkt. Dennoch bleiben die Folgen spektakulär.
Zahlreiche Kredite und Leasing-Verträge können auch Jahre nach Abschluss noch widerrufen werden, wenn die Bank die vom EuGH beanstandete Klausel in ihrem Vertrag verwendet und gleichzeitig vom gesetzlich vorgegebenen Text der Widerrufsbelehrung abgewichen ist.
Dies gilt für Finanzierungen, die nach Juni 2010 abgeschlossen worden sind – und zwar selbst dann, wenn die Verträge inzwischen nicht mehr laufen. Richtig spannend wird es allerdings für Kredite und Leasing-Verträge, die nach Juni 2014 unterschrieben worden sind. In diesen Fällen gilt: Der Widerruf führt dazu, dass das Kreditinstitut sämtliche Zahlungen an den Kunden erstatten muss. Dieser gibt im Gegenzug das Auto zurück. Sämtliche offenen Zahlungsverpflichtungen entfallen.
Beispiel: Ein Kunde hat im Jahr 2016 ein Fahrzeug auf Kredit gekauft und eine Anzahlung geleistet. Seitdem zahlt er seine monatlichen Raten. Am Ende der Kredit-Laufzeit soll noch eine Schlusszahlung folgen. Ein wirksamer Widerruf führt in diesem Fall dazu, dass der Kunde sowohl die Anzahlung als auch die Raten von der Bank zurückbekommt. Die Schlusszahlung entfällt. Im Gegenzug geht das Auto zurück an die Bank.
Ähnlich sieht es bei Leasing-Verträgen aus. Dort muss die Bank sämtliche Leasing-Raten erstatten. Kunden haben das Fahrzeug somit effektiv kostenlos genutzt! In Corona-Zeiten besonders wichtig: Sie sind laufende Zahlungsverpflichtungen los, die ihnen wirtschaftlich die Luft nehmen können.
Das Urteil des EuGHs greift unabhängig davon, ob das Fahrzeug als Neu- oder Gebrauchtwagen erworben wurde – und kann auch dann wirksam sein, wenn der Vertrag bereits ausgelaufen ist. Allerdings muss es sich um eine private Finanzierung handeln. Gewerbliche Darlehen oder Leasing-Verträge sind nämlich grundsätzlich vom Widerruf ausgenommen.
Zudem muss nach der Entscheidung des BGH (Az.: XI ZR 198/19) die Widerrufsbelehrung vom gesetzlichen Mustertext abweichen. Dies ist nach Analysen der Interessengemeinschaft Widerruf unter anderem bei folgenden Kfz-Krediten der Fall:
VW/Audi/Skoda Bank – Juli 2014 bis heute
BDK – 2015 bis heute
Opel Bank – 2013 bis heute
Mercedes Benz Bank – Juli 2010 bis 2019
Santander Bank – 2013 bis heute
BMW Bank – 2017 bis heute
PSA Peugeot/Citroen – 2014 bis heute
Consors / BNP – 2013 bis heute
S-Kreditpartner – 2015 bis 2019
Noch größer sind die Chancen auf den Widerruf bei privaten Leasing-Verträgen, denn dort wurde so gut wie nie das gesetzliche Muster eingehalten.
Um zu erfahren, ob der Widerruf möglich ist, sollten betroffene Verbraucher ihre Kredit- oder Leasingverträge prüfen lassen. Eine solche Prüfung bieten spezialisierte Anwälte, beispielsweise kostenlos und unverbindlich bei der IG Widerruf. Die Erfahrung zeigt, dass die Banken den Widerruf der Kunden in aller Regel zunächst ablehnen, so dass anwaltliche Unterstützung nötig ist. Allerdings übernehmen die Rechtsschutzversicherungen diese Kosten.
Besonderer Clou: Bei einigen Versicherungen kann sogar noch eine Rechtsschutzpolice abgeschlossen werden, die dann den Fall abdeckt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Widerruf bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt ist. Daher sollte niemals vorschnell widerrufen werden, sondern der Fall zunächst von einem Experten geprüft werden und mit diesem das konkrete Vorgehen durchgesprochen werden.