Verbraucherrecht ist keine Gnade

Wenn ich Freunden und Bekannten von der Möglichkeit erzähle, mit Hilfe des Widerrufsjokers viele Tausend Eure bei der Baufinanzierung zu sparen oder sich eine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuholen, dann höre ich manchmal ein Argument: Eigentlich sei es ja Haarspalterei was wir da betrieben. Als Käufer einer Immobilie habe man sich doch damals zur Abnahme eines langfristigen Kredits verpflichtet. Deshalb sollte man nicht versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen, nur weil sich die Zinsen für eine Baufinanzierung mittlerweile mehr als halbiert haben.

Nun bin ich der Letzte, der jemanden, der so oder ähnlich argumentiert, davon zu überzeugen versucht, doch noch seinen Vorteil mit dem Widerrufsjoker zu versuchen. Wer darauf verzichten möchte, seine laufende 5-Prozent-Finanzierung auf 2 Prozent abzusenken, kann das gerne tun. Auf der anderen Seite sage ich aber auch ganz klar: Verbraucherrecht ist kein Gnadenrecht. Niemand, der mit Hilfe des Widerrufsjokers versucht, die Kosten für seine Baufinanzierung deutlich zu senken, handelt unmoralisch oder unethisch.

Seien wir doch mal ehrlich: Die Banken lassen doch auch keine Gelegenheit aus, einen Vorteil für sich herauszuschlagen. Wenn es beispielsweise darum geht, eine Leitzinssenkung an die Kunden weiterzugeben, dann werden zunächst die Einlagezinsen gesenkt und erst deutlich später (wenn überhaupt) die Sollzinsen auf den Kontokorrentkredit. Und früher – die Älteren von Ihnen erinnern sich vielleicht noch – als es noch Zinserhöhungen der Notenbanken gab, da war es genau andersherum. Da wurden ratzfatz die Kreditzinsen hoch gesetzt und wenn es gar nicht anders ging irgendwann auch mal die Habenzinsen.

Von daher ist es wirklich drollig, wenn nun einige Banken behaupten, der Gesetzgeber verweigere ihnen nun seinen Schutz. Sie müssen als Verbraucher kein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie beispielsweise auf der Website der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) ihren Kreditvertrag daraufhin überprüfen lassen, ob er eine falsche Widerrufsklausel enthält. Das ist ihr gutes Recht als Verbraucher und Sie haben dabei sowohl die Verbraucherzentralen als auch höchstrichterliche Urteile auf Ihrer Seite. Denn diverse Urteile des BGH besagen eindeutig, dass gewisse Abweichungen in Widerrufsklauseln von Kreditverträgen ab 2002 einen nachträglichen Widerruf ermöglichen, weil die ursprünglich 14tägige Widerrufsfrist eben nicht zu laufen beginnt. Das kann dann in einer vollständigen Rückabwicklung dieses Kredits enden, was aber in der Praxis sehr selten ist. Viel häufiger kommt jedoch vor, dass die Bank Sie vorzeitig aus einem teuren Kredit entlässt oder ihnen den Wechsel in einen wesentliche günstigere Finanzierung anbietet.

Und auf die Angstkampagne einiger Banken, dass Sie nach einem Widerruf keine neue Finanzierung bekommen werden, sollten Sie erst recht nicht hereinfallen. Die IG Widerruf arbeitet derzeit an einem speziellen Refinanzierungsangebot für Nutzer des Widerrufsjokers. Mehr dazu demnächst.

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