Widerrufsjoker: Landgericht Frankfurt verurteilt Commerzbank zur Rückabwicklung einer Baufinanzierung

Erneuter Sieg für einen Verbraucher beim sogenannten Widerrufsjoker: Das Landgericht Frankfurt hat kurz vor Weihnachten die Commerzbank zur Rückabwicklung einer Baufinanzierung verurteilt. Bemerkenswert ist dabei auch, dass dem Kreditnehmer eine hohe Nutzungsentschädigung zugesprochen wurde. Begleitet wurde der Kläger dabei von einer Kooperationskanzlei der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info)

In dem Verfahren (Az. 2-10 O208/16) ging es um zwei Baufinanzierungen, die im Jahr 2005 bei der Commerzbank und deren Tochter Eurohypo abgeschlossen worden waren. Knapp zehn Jahre später, also 2015, widerrief der Kunde beide Darlehen mit Hinweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung und forderte die Rückabwicklung der Kredite.

Das Landgericht Frankfurt gab dem Kläger nun recht und ordnete die Rückabwicklung der beiden Darlehen an. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die verwendete Widerrufsbelehrung den Verbraucher nicht eindeutig darüber informierte, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginne.

In der Widerrufsbelehrung heißt es wörtlich: „Der Lauf der Frist beginnt einen Tag, nachdem mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurde.“ Dies sei jedoch nicht deutlich genug, so das Landgericht Frankfurt, weil ein unbefangener, rechtsunkundiger Leser dies so verstehen könne, dass die Widerrufsfrist bereits dann beginne, wenn er die Vertragsunterlagen von der Bank erhalten habe, ohne diese bereits unterschrieben zurückgeschickt zu haben.

Bemerkenswert ist auch, dass das Gericht die Bank zu einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 5 Prozentpunkte über Basiszins an den Kläger verurteilt hat. Diese Nutzungsentschädigung (auch Nutzenersatz genannt) wird auf sämtliche Zahlungen fällig, die der Kreditnehmer seit Darlehensbeginn an die Bank gezahlt hat, also auf Zinsen, Tilgungen und Sondertilgungen. Damit fällt dieses Urteil sehr verbraucherfreundlich aus. Denn der Bundesgerichtshof hatte bei vergleichbaren Fällen zuletzt nur einen Nutzenersatz in Höhe von 2,5 Prozent über Basiszins für Immobilienkredite (genauer: grundbuchrechtlich besicherte Kredite) zugesprochen.

Warum bei Baufinanzierungen der Verzugszins deutlich niedriger liegen soll als der übliche Verzugszins in Höhe von 5 Prozent über Basiszins, ließ der BGH offen. Das Landgericht Frankfurt sieht für diese Differenzierung offenbar keinen Anlass und sagt dazu, dass bei „Zahlungen an eine Bank die tatsächliche Vermutung (besteht), dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat“.

Dazu kommt ein weiterer ungewöhnlicher Aspekt: Der Richter urteilt nämlich, dass die Bank die vom Kunden bezahlten Zinsen nicht in voller Höhe behalten darf. Vielmehr schuldet der Verbraucher nur den „jeweils monatlich marktüblichen Zins“. Da die Hypothekenzinsen seit dem Abschluss des Darlehens in 2007 deutlich gesunken sind, bekommt der Kunde also einen großen Teil der von ihm bezahlten Zinsen zurück.

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Unter dem Strich zeigt das Urteil des Landgerichts Frankfurt wieder einmal, dass Verbraucher mit dem Widerrufsjoker beim Widerruf von Baufinanzierungen gute Chancen haben, aus ihren laufenden Darlehen auszusteigen und eine Rückabwicklung zu erreichen, bei der ihnen die Bank dann zusätzlich noch eine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat.

Voraussetzung für den Widerrufsjoker ist, dass der Kreditvertrag eine fehlerhafte oder unklare Widerrufsbelehrung aufweist. Ob dies der Fall ist, können Verbraucher mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info durch erfahrene Anwälte kostenlos und unverbindlich prüfen lassen. Dabei wird auch geprüft, ob eine Rechtsschutzversicherung die Kosten für einen späteren Rechtsstreit tragen würde.

Wie hoch ihr individueller Vorteil bei der Rückabwicklung ihres Darlehens ausfallen würde, können Kreditnehmer mit Hilfe des Rückabwicklungsrechners der IG Widerruf unter www.widerruf.info/rueckabwicklung ermitteln.

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