Widerrufsjoker: Fehler in den Abtretungsinformationen machen Kredite angreifbar
Bei neueren Baufinanzierungen ab Mitte 2010 lohnt sich nicht nur die Prüfung der Widerrufsbelehrung, wenn es um den Widerrufsjoker geht. Auch andere Teile des Kreditvertrags können fehlerhaft sein und damit das Darlehen angreifbar machen. So sind beispielsweise bei vielen Banken die Abtretungsinformationen unklar formuliert – Verbraucher können das zu einem Ausstieg aus dem Baukredit nutzen.
Wenn ein Verbraucher eine Baufinanzierung abschließt, dann kann die Bank dieses Darlehen grundsätzlich an ein anderes Kreditinstitut weiterverkaufen oder abtreten. Voraussetzung dafür ist, dass der private Kreditnehmer im Darlehensvertrag darauf hingewiesen wird. Diese sogenannte Abtretungsinformation muss laut Gesetz (EGBGB Art. 247, §1) “deutlich gestaltet” erfolgen. Dies ist jedoch nach Untersuchungen der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) in vielen Baufinanzierungen nicht ausreichend geschehen.
Der Hinweis zur Abtretung ist Teil der sogenannten Pflichtangaben, die der private Verbraucher erhalten muss, damit die Widerrufsfrist für das Darlehen zu laufen beginnt. Im Umkehrschluss bedeutet das: Hat die Banken den Kunden nicht vernünftig über die Möglichkeit der Abtretung des Darlehens informiert, dann beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen – der Widerrufsjoker sticht also.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Mängeln, die den Widerruf einer Baufinanzierung ermöglichen, liegt der Fehler hier also nicht in der Widerrufsbelehrung begründet. Vielmehr fehlt im Darlehensvertrag eine klare und deutliche Information über die Möglichkeiten der Abtretung der Finanzierung. Wollen Verbraucher also erfahren, ob dies in ihrem Fall zutrifft, so sollte in diesem Fall der gesamte Kreditvertrag anwaltlich geprüft werden. Die Interessengemeinschaft Widerruf bietet unter www.widerruf.info eine solche kostenlose Prüfung durch unabhängige Anwälte an.
Nach unseren Erfahrungen sind bei zahlreichen Kreditinstituten diese Abtretungsinformationen nicht ausreichend und setzen daher auch die Widerrufsfrist nicht in Gang. Im Einzelnen sind uns bei Baufinanzierungen folgende Fehler aufgefallen:
Deutsche Bank: Abtretungsklausel findet sich versteckt in den AGBs und ist nicht deutlich gestaltet.
ING Diba: Informationen sind sehr unklar formuliert und dürften für einen Laien kaum verständlich sein.
Münchener Hyp: Inhaltlich hat die Bank einen schweren Fehler gemacht: Es fehlen die Worte „ohne Zustimmung“ – diese werden vom Gesetzestext aber eindeutig gefordert.
Allianz: Die Abtretungsinformationen findet sich nicht im Kreditvertrag, sondern nur im Europäischen Standardisierten Merkblatt“ – dies dürfte nicht ausreichen.
Hypovereinsbank/Unicredit: Die Hinweise finden sich wie bei der Allianz nur in den vorvertraglichen Informationen.
Sparda Banken: Hier existieren mehrere Versionen, in denen die Informationen teilweise vollständig fehlen, teilweise sind sie grob irreführend formuliert
Sparkassen: In vielen Fällen unklar formuliert, teilweise haben die Sachbearbeiter die entsprechenden Klauseln durchgestrichen.
DSL-Bank: Hier sind die Abtretungsinformationen in der Regel nicht zu beanstanden.
Insgesamt weisen also die Kreditverträge der meisten Kreditinstitute fehlerhafte Abtretungsinformationen auf. Dies kann man als Grund dafür werten, dass der Widerrufsjoker greift, weil die Widerrufsfrist aufgrund dieser fehlenden Pflichtangabe nicht zu laufen beginnt. Allerdings muss man klar sagen, dass es zu diesen Punkten bisher noch keine Gerichtsurteile gibt, die uns bekannt sind. Es ist unser erklärtes Ziel, diese fehlende Rechtsprechung durch entsprechende Klagen herzustellen. Bis auf weiteres eignet sich daher diese Strategie vor allem für Verbraucher, bei denen eine Rechtsschutzversicherung greift, die unter Umständen vor dem Widerruf auch noch abgeschlossen werden kann.
Verbraucher, die nach Juni 2010 eine Baufinanzierung abgeschlossen haben, sollten ihre Darlehensverträge deswegen kostenlos und unverbindlich bei der IG Widerruf unter www.widerruf.info prüfen lassen. Sie erfahren dabei, welche Vorgehensweise sich in ihrem individuellen Fall anbietet. Gleichzeitig prüfen die Anwälte auch, ob eine Rechtsschutzversicherung für die Kosten eines möglichen Rechtsstreits aufkommen muss.