Widerrufsjoker: LG Hamburg erklärt Widerrufsbelehrung der DSL-Bank für fehlerhaft
Erneut hat ein Gericht eine weit verbreitete Widerrufsbelehrung aus der Zeit nach 2010 für fehlerhaft erklärt. Diesmal betrifft es die DSL-Bank. Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass eine Baufinanzierung aus dem Jahr 2011 rückabwickelt werden muss. Damit greift der Widerrufsjoker, obwohl die Bank den gesetzlichen Mustertext verwendet hat. Mit Hilfe der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) können Verbraucher prüfen lassen, ob sie auch profitieren können.
Das Urteil des Landgerichts Hamburg (325 O 42/16) ist deswegen so spannend, weil es eine große Zahl von Baufinanzierungen betrifft, die trotz der jüngsten Gesetzesänderung immer noch widerrufbar sind. Damit können zahlreiche Immobilienbesitzer von diesem Urteil profitieren. Zudem hat die DSL für die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Mustertext verwendet und diesen auch ordnungsgemäß hervorgehoben – also auf den ersten Blick eigentlich alles richtig gemacht.
Doch der Fehler ist an einer anderen Stelle passiert. Denn im Anschluss an die Widerrufsbelehrung findet sich im Vertrag der DSL-Bank ein weiterer Textkasten. Dort steht unter der Überschrift: „Verbindlichkeit dieses Antrages/ Bindefrist“ folgender Text:
Durch Unterzeichnung dieser Erklärung gibt der Darlehensnehmer ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages ab. Der Darlehensnehmer bindet sich mit seiner Unterschrift für einen Monat an seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Frist beginnt mit Unterzeichnung dieses Vertragesangebotes (sic!) durch den Darlehensnehmer.
An diesem Text stören sich die Hamburger Richter. Ihrer Meinung nach entwertet dieser Zusatz die Widerrufsbelehrung, weil „selbst ein verständiger und aufmerksamer Verbraucher nicht sicher erkennen kann, ob ihm ein Recht zum Widerruf des Verbraucherdarlehens zusteht.“ Somit sticht der Widerrufsjoker.
Problematisch sei insbesondere, dass die beiden Fristen für Bindung (ein Monat) und Widerruf (zwei Wochen) auseinander liegen. „Die Erklärung über die Bindefrist ist danach auch in zeitlicher Hinsicht geeignet, beim Verbraucher den Eindruck zu vermitteln, dass er von seinem Widerrufsrecht nicht oder nur eingeschränkt Gebrauch machen könne“, so die Hamburger Richter.
Verbraucher, die eine Baufinanzierung abgeschlossen haben, sollten diese durch die Anwälte der Interessengemeinschaft Widerruf unter www.widerruf.info kostenlos auf solche oder ähnliche Fehler in der Widerrufsbelehrung prüfen lassen. Werden dabei Fehler festgestellt, dann haben Sie die Möglichkeit, mit Hilfe des Widerrufsjoker aus ihrem Darlehen auszusteigen. Dies kann eine enorme Zinsersparnis bringen.
So lag der durchschnittliche Zinssatz für 10jährige Baufinanzierungen in den Jahren 2011 und 2012 noch bei rund vier Prozent. Im Moment kosten vergleichbare Kredite nur noch rund ein Prozent Zinsen. Wer also mit Hilfe des Widerrufsjokers aus einem laufenden Darlehen aussteigt, kann seine Zinsbelastungen vierteln.
Die Interessengemeinschaft Widerruf bietet im Anschluss an die kostenlose Prüfung mit Hilfe der angeschlossenen Anwälte auch die Durchsetzung des Widerrufs gegenüber den Banken. Die Kosten dafür werden in vielen Fällen von einer Rechtsschutzversicherung übernommen. Zudem kommt auch die Zusammenarbeit mit einem Prozessfinanzierer in Frage. Näheres unter www.widerruf.info.
Hallo!
Steht in meinem Darlehensvertrag auch drin.
Ich habe aber auch gelesen, dass es sehr schwer ist, eine Bank zu finden, die ein Anschlussdarlehen gewährt. Denn, die Banken halten zusammen.
Da heisst die Devise…du tust mir nicht weh, und ich dir nicht…
VG
Ist halb so wild, wenn man ein paar grundlegende Dinge beachtet, siehe:
https://www.widerruf.info/widerrufsjoker/widerrufsjoker-die-unbegruendete-angst-vor-fehlender-anschlussfinanzierung-bei-falscher-widerrufsbelehrung/
Hallo! Danke, für Ihre schnelle Antwort…sogar am Sonntag im Einsatz.
Ich werde widerrufen und verkaufen. Sorgen machten mir die 30 Tage Zeit für die Rückzahlung. Aber wenn man darüber hinaus kommt und Verzugszinsen zahlen muss, ohne weitere Kosten, werde ich diesen Schritt gehen. Wollte sowieso nach 10 Jahren verkaufen…kommt mir gerade recht!
Danke nochmal…
VG
Moin,
ich habe genau diesen Passus in meinem Vertrag von 2013 . Trotdem wurde bei der Überprüfung des Vertrags über Anwälte der IG Widerruf kein Fehler in dem Vetrag gesehen. Hat sich etwas in der Rechssprechung verändert, oder hat da jemand nich hingesehen?
Vielen Dank
Max
Hallo Max,
bitte besprechen Sie diese Frage am besten mit dem Anwalt, der Ihren Fall geprüft hat. Es kann sein, dass für Sie ein anderer Gerichtsstand gilt, der diese Frage anders bewertet. Wenn dann keine Rechtsschutz besteht, kann sich das Kosten-Risiko-Verhältnis einer Klage zu Ihren Ungunsten wenden, so dass wir von einem Vorgehen abraten.
Das Problem ist vermutlich:
Das Urteil des LG Hamburg war eine “Einzelmeinung” dieses Gerichts. Bei einem anderen Gericht könnte es sein, daß der Richter nicht zu der gleichen Bewertung dieses Passus kommt.
Es fehlt ein Urteil des BGH zu diesem Passus, leider ….
Und anscheinend hat sich bei den unteren Gerichten eine gegenteilige Meinung durchgesetzt.
Siehe z.B. aus 2021:
OLG Naumburg, Beschluss vom 22.09.2021 – 5 U 96/21
“Die von der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 19. September 2016 (BeckRS 2016, 18146) ist vereinzelt geblieben und überzeugt auch in der Sache nicht.”
https://openjur.de/u/2379358.html
Guten Tag,
ich habe den Passus in meinem Kreditvertrag, den ich im Jahr 2015 abgeschlossen habe. Die Laufzeit betrug 12 Jahre und der Zinssatz 0,85%. Ich würde gerne den Vertrag widerrufen und den Kredit aus vorhandener Liquidität tilgen. Kann es unter Umständen auch dazu führen, das ich als Nutzungsentschädigung für die Zeit von der Auszahlung bis zum Widerruf mehr als den vereinbarten Zins i.H.v. 0,85% zahlen muss? Meines Wissens waren die Zinsen in der Zwischenzeit kurzzeitig angestiegen. Unter Umständen wird aus den gesetzlichen Regelungen auch eine andere Berechnung für die Entschädigung herangezogen, die zu einem höheren Zins führt.
Vielen Dank
M.D.
Jeder Fall muss individuell von unseren Anwälten geprüft werden. Aber grundsätzlich hat sich folgende Rechtsprechung durchgesetzt: Bei einer Rückabwicklung darf die Bank die vertraglich vereinbarten Zinsen behalten und zwar unabhängig davon, ob die Marktzinsen zwischenzeitlich höher oder tiefer als die Vertragszinsen waren. Insofern brauchen Sie keine Nachzahlung zu befürchten. Ihnen steht im Gegenzug noch die Verzinsung der von Ihnen gezahlten Raten mit 2,5% über Basiszins zu, wenn der Widerruf durchgeht.